Zweitjob bei der Konkurrenz - geht das?
Das Bundesarbeitsgericht hat kürzlich entschieden: Nebentätigkeiten für Konkurrenz des Arbeitgebers ist erlaubt, sofern es sich um reine Hilfstätigkeiten handelt.
Das Problem
Bei zunehmender Ausweitung des Niedriglohnsektors reicht für viele Arbeitnehmer ein Einkommen nicht mehr aus, um den Lebensunterhalt sicher zu stellen. Viele suchen deshalb einen Zweitjob. Oft ist es ein Minijob oder 400-Euro-Job. Am Liebsten macht man das, was man kann. Das kann aber zu Konflikten mit dem Arbeitgeber führen, weil der nicht will, das seine Arbeitnehmer für die Konkurrenz arbeiten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem Urteil vom 24.03.2010 (10 AZR 66/09) entschieden, dass reine Hilfstätigkeiten auch für einen Wettbewerber erlaubt sein können.
Der Fall
Eine Briefsortiererin bei der Post trug vor Arbeitsbeginn 6 Stunden in der Woche für ein Konkurrenzunternehmen der Post Zeitungen aus. Dafür bekam sie 300 € monatlich. Sie ist bei der Post mit 15 Wochenstunden teilzeitbeschäftigt und verdient 1.200 € brutto. Die Post untersagte diese Nebentätigkeit, als die Arbeitnehmerin diese auf Aufforderung mitteilte. Die Briefsortiererin klagte beim Arbeitsgericht und wollte festgestellt wissen, dass sie zur Ausübung der Nebentätigkeit berechtigt war. Sie verlor den Prozess und auch die Berufung beim Landesarbeitsgericht.
Die Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht gab der Briefsortiererin Recht. Es hat die Entscheidung zwar damit begründet, dass sich aus einer anwendbaren tariflichen Regelung ergebe, dass der Arbeitgeber die Nebentätigkeit nicht untersagen dürfe, wenn er kein schützenswertes eigenes Interesse an der Unterlassung habe und dieses sei bei einer reinen Hilfstätigkeit nicht gegeben. Denn „der Arbeitgeber ist danach nur berechtigt, Nebentätigkeiten für ein Konkurrenzunternehmen zu untersagen, wenn nach der Stellung des Arbeitnehmers oder der Art der dortigen Tätigkeit eine unmittelbare Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen droht. Die nur untergeordnete wirtschaftliche Unterstützung des Wettbewerbers reicht nicht aus“.
Allerdings macht das BAG deutlich, dass es auch ohne diese tarifliche Regelung nicht anders entschieden hätte und wendet sich damit von der bisherigen Rechtsprechung ab. Danach war jegliche Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen verboten und konnte sogar, wenn sie ohne Genehmigung ausgeübt wurde, eine fristlose Kündigung nach sich ziehen. An dieser Rechtsprechung will das BAG offensichtlich nicht mehr festhalten. Es führt aus:
„Der Senat hat Bedenken, ob an dieser Rechtsprechung festgehalten werden kann, wenn es sich lediglich um einfache Tätigkeiten handelt, die allenfalls zu einer untergeordneten wirtschaftlichen Unterstützung des Konkurrenzunternehmens führen können, und im Übrigen schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers nicht berührt werden. In jedem Fall muss bei der Bestimmung der Reichweite des Wettbewerbsverbots die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers Berücksichtigung finden. Daher ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen, ob nach Art der Haupt- und Nebentätigkeit und der beteiligten Unternehmen überhaupt eine Gefährdung oder Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers vorliegt. Es spricht viel dafür, dass die Reichweite des Wettbewerbsverbots auf unmittelbare Konkurrenztätigkeiten beschränkt werden muss und bloße Hilfstätigkeiten ohne Wettbewerbsbezug nicht erfasst werden „Dies gilt insbesondere, wenn der Arbeitnehmer lediglich eine Teilzeittätigkeit ausübt und deshalb zur Sicherung seines Lebensunterhalts auf die Ausübung einer weiteren Erwerbstätigkeit angewiesen ist“. Gerade im Bereich der einfacheren Tätigkeiten ist das in zunehmendem Maß der Fall.- (BAG 10 AZR 66/09 vom 24.03.2010, Juris Randnr. 17)
Auswirkungen auf die Praxis
Es ist zu begrüßen, dass sich das BAG der gesellschaftlichen Realität nicht verschließt. Eine Nebentätigkeit mit untergeordneten Hilfstätigkeiten dürfte damit zukünftig generell zulässig sein, auch wenn es sich um eine Konkurrenztätigkeit handelt. Allerdings sollte immer der Hauptarbeitgeber informiert und um Zustimmung gebeten werden. Verweigert er diese, muss das Arbeitsgericht angerufen werden. Eine unterlassene Anzeige kann nach wie vor als arbeitsvertragswidriges Verhalten gewertet werden.
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