Ende des Arbeitsverhältnisses mit Renteneintritt?

02.01.2019  • Arbeitsrecht / Mönchengladbach / Sozialrecht

Mit Erreichen des Rentenalters endet ein Arbeitsverhältnis nicht automatisch. Das Erreichen des Rentenalters ist auch kein Kündigungsgrund. Arbeitsverträge und Tarifverträge können aber bestimmen, dass bei einer Rentenberechtigung das Arbeitsverhältnis auch ohne Kündigung beendet wird.

Gesetzliche Regelung

Aus arbeitsrechtlicher Sicht versteckt im Rentenrecht findet sich in § 41 Abs. 6 SGB VI die gesetzliche Regelung: Das Erreichen des Rentenalters ist kein Kündigungsgrund. Das Ende des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen des Rentenalters kann allerdings vereinbart werden, sei es in einem Tarifvertrag oder in einem Einzelarbeitsvertrag. Egal welcher Zeitpunkt in einer solchen Vereinbarung genannt ist: sie wirkt erst auf den Zeitpunkt, in dem die Regelaltersgrenze erreicht ist. Das ist derzeit das 67. Lebensjahr bzw. für vor dem 1. Januar 1964 geborene ein früherer Zeitpunkt (§ 235 SGB VI). Ein früheres Ende als die Regelaltersgrenze kann man nur innerhalb der letzten drei Jahre vor dem 67. Lebensjahr festlegen. Wenn eine solche Vereinbarung im Arbeitsvertrag getroffen ist, kann man einvernehmlich auch den Beendigungszeitpunkt nach hinten, also über die Regelaltersgrenze hinaus verschieben (§ 41 S. 3 SGB VI). Das ist auch mehrfach hintereinander möglich.

Keine Altersdiskriminierung

Obwohl es sich um eine gesetzliche Regelung handelt, kann die Möglichkeit der automatischen Beendigung wegen des Renteneintritts altersdiskriminierende Wirkung haben. Es handelt sich nämlich um eine Befristung des Arbeitsverhältnisses, die  einen sachlichen Grund benötigt. Der nationale Gesetzgeber kann zwar eigenständig einen gesetzlichen Befristungsgrund einführen. Dieser darf aber nicht gegen Unionsrecht verstoßen. Das könnte hier der Fall sein, weil die Regelung ausschließlich ältere Arbeitnehmer betrifft. Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78 EG verbietet aber eine Benachteiligung wegen des Alters.

Der EuGH hat aber in der Entscheidung vom 28.2.2018 (C-46 / 17 John) entschieden, dass § 41 S.3 SGB VI mit EU-Recht vereinbar ist und keine Altersdiskriminierung darstellt. Es handele sich um eine zulässige, sogar eine für die Arbeitnehmer günstige Regelung. Das gesetzgeberische Ziel, ein Arbeitsverhältnis im Bedarfsfall unter bestimmten Bedingungen flexibel und rechtssicher über den Zeitpunkt des Erreichens der Regel Altersgrenze hinaus fortzuführen, sei unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das werde auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass der Beendigungszeitpunkt mehrfach hinausgeschoben werden könne, was § 41 S. 3 SGB VI ermöglicht. Vielmehr begünstige das die Arbeitnehmer erst recht. Auch das BAG hat deshalb nach Klärung dieser europarechtlichen Frage die Regelung als wirksam angesehen (Urteil vom 19.12.2018 – 7 AZR 70/17).

Dass die automatische Beendigung mit Erreichen der Regelaltersgrenze europarechtskonform ist, hatte der EUGH bereits mit Urteil vom 12.10.2010 (C-45/09 Rosenbladt) entschieden.

Praxishinweise

Die Möglichkeit, Rente zu beziehen, ist kein Kündigungsgrund. Man kann Rente beziehen und weiter arbeiten. Das Arbeitsverhältnis endet nicht automatisch, es sei denn, das ist vereinbart. Arbeitnehmer wie Arbeitgeber sollten sich spätestens kurz vor Erreichen der Regelaltersgrenze vergewissern und gegebenenfalls rechtlich beraten lassen, ob das Arbeitsverhältnis durch eine entsprechende Vereinbarung automatisch endet oder eine Kündigung notwendig ist, wenn das Arbeitsverhältnis nicht weiter fortgesetzt werden soll. Gibt es keine automatische Beendigungsbestimmung, muss derjenige, der das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen will, kündigen. Dabei sind die Kündigungsfristen zu beachten, die insbesondere bei langen Arbeitsverhältnissen auch bis zu sieben Monate betragen können. Gibt es eine automatische Beendigungsklausel und soll das Arbeitsverhältnis befristet fortgesetzt werden, muss das vereinbart werden. Wird einfach ohne ausdrückliche Vereinbarung weitergearbeitet, besteht das Arbeitsverhältnis unbefristet weiter. Bei Unklarheiten ist es empfehlenswert, rechtzeitig anwaltlichen Rat zu suchen.

 




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