Versicherungslücke bei privater Krankenversicherung - kein Krankentagegeld bei teilweiser Arbeitsfähigkeit
Keine Wiedereingliederung bei privater Krankentagegeldversicherung
Mit Teilzeitarbeit wieder zur vollen Arbeitsleistung: Die Wiedereingliederung mit Unterstützung der Krankenkasse ist für viele langzeiterkrankte Arbeitnehmer eine Möglichkeit zurück in die Arbeit. Das gilt aber nicht für privat Versicherte. Die bekommen bei einer Wiedereingliederung kein Geld, weder vom Arbeitgeber noch von ihrer Krankentagegeldversicherung. Diese zahlt nämlich nicht, wenn eine stufenweise Wiedereingliederung in das Erwerbsleben angebracht ist. Dann geht sie von einer teilweisen Arbeitsfähigkeit aus. Dafür gibt es kein Krankentagegeld. Das kann bei privat versicherten Arbeitnehmern zu erheblichen finanziellen Schwierigkeiten bis hin zur Existenzbedrohung führen.
Das Problem
Nach den Musterversicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung muss die Versicherung nur so lange Krankentagegeld zahlen, wie hundertprozentige Arbeitsunfähigkeit besteht. Wenn eine Teilzeitarbeit möglich ist oder auch eine Arbeit in nur einigen Teilbereichen des normalen beruflichen Tätigkeitsfeldes, ist die Versicherung leistungsfrei.
In der gesetzlichen Krankenversicherung ist das anders. Dort gibt es so lange Krankengeld, wie die Arbeitsfähigkeit nicht vollständig, also zu 100 %, wieder hergestellt ist. Das entspricht dem Arbeitsrecht. Auch arbeitsrechtlich gibt es nämlich keine Teilarbeitsunfähigkeit. Der Arbeitnehmer ist so lange arbeitsunfähig, wie er nicht in vollem Umfang die geschuldete Arbeitsleistung erbringen kann. Teilleistungen muss der Arbeitgeber nicht akzeptieren.
Oft wird gegen Ende der Arbeitsunfähigkeit eine Wiedereingliederung versucht. Bei der besteht dann weiterhin Arbeitsunfähigkeit, weil ja die Arbeitskraft nicht wieder hundertprozentig wieder hergestellt ist. Wenn dann der Arbeitnehmer stundenweise arbeitet, erhält er dafür kein Arbeitsentgelt. Er ist ja noch arbeitsunfähig. Die Krankenkasse zahlt deshalb weiter Krankengeld.
Dieses Modell ist in der privaten Krankentagegeldversicherung nicht möglich. Die Krankentagegeldversicherung geht bei einer Wiedereingliederungsmaßnahme davon aus, dass teilweise Arbeitsfähigkeit besteht und deshalb der Krankentagegeldanspruch erloschen ist.
Praktische Konsequenz
Privat versicherte Arbeitnehmer, die ihren Verdienstausfall über eine Krankentagegeldversicherung abgesichert zu haben glauben, sollten deshalb keinesfalls eine Wiedereingliederungsmaßnahme durchführen. Dies führt zum Verlust des Krankentagegeldanspruchs. Bereits in dem Moment, in dem man teilweise wieder arbeiten könnte, wenn auch nur für einige Stunden am Tag, ist der Krankentagegeldanspruch entfallen. Eine finanzielle Lücke würde lediglich dann nicht entstehen, wenn „über Nacht“ aus hundertprozentiger Arbeitsunfähigkeit huntertprozentige Arbeitsfähigkeit wird. Das ist selten der Fall. In der gesetzlichen Krankenversicherung kann das so nicht passieren. Dort ist ein Krankengeldanspruch solange gegeben, wie nicht wieder hundertprozentige Arbeitsfähigkeit für die zuletzt geschuldete Tätigkeit besteht. Deshalb sollte bei der Wahl zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung auch dieser Aspekt mit berücksichtigt werden und gegebenenfalls ausreichend private Rücklagen gebildet werden, um bei einer privaten Krankentagegeldversicherung einen Zeitraum bis zur vollständigen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit überbrücken zu können.
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