Versicherungslücke bei privater Krankenversicherung -€“ Arztattest kein Beweis für Arbeitsunfähigkeit

16.01.2013  • Allgemein / Sozialrecht / Versicherungsrecht

Reicht die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit? Und gibt es Krankengeld bei Teilarbeitsunfähigkeit?

In der gesetzlichen Krankenversicherung ist das so. Das gilt aber nicht für Privatversicherte.

Der Bundesgerichtshof (BGH) sieht die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes nicht als bindend für die private Krankenversicherung an (BGH, Urt. v. 30.06.2010 – IV ZR 163/09). Wenn es streitig ist, ob Arbeitsunfähigkeit besteht, kommt es entscheidend darauf an, was ein im Prozess bestellter Sachverständiger sagt.  Das ist anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung. Dort kann man sich auf die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung so lange verlassen, wie nicht der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MdK) etwas Anderes festgestellt hat.

Auch ist Arbeitsunfähigkeit in der privaten Krankenversicherung anders definiert als in der gesetzlichen. Dort ist man schon dann arbeitsunfähig, wenn nur ein Teil der geschuldeten Arbeit nicht mehr erbracht werden kann. Nach den Musterversicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung muss die private Versicherung dagegen nur so lange Krankentagegeld zahlen, wie 100 %ige Arbeitsunfähigkeit besteht. Wenn eine Teilzeitarbeit möglich ist oder auch eine Arbeit in nur einigen Teilbereichen des normalen beruflichen Tätigkeitsfeldes, ist die Versicherung leistungsfrei. Das deckt sich nicht mit der arbeitsrechtlichen Regelung. Arbeitsrechtlich gibt es nämlich keine Teilarbeitsunfähigkeit. Vielmehr ist der Arbeitnehmer so lange arbeitsunfähig, wie nicht die volle Arbeitsleistung erbracht werden kann. Deshalb gibt es auch bei privat versicherten Arbeitnehmern eine Lücke in der finanziellen Absicherung: bei Teilarbeitsunfähigkeit muss der Arbeitgeber keine Vergütung zahlen und auch die Krankenversicherung ist leistungsfrei. Wer dann keine Rücklagen hat, ist „€žaufgeschmissen“€œ. Vgl. dazu auch den früheren Beitrag zur Wiedereingliederung.

 Praxishinweis

Wer privat versichert ist, sollte deshalb im Krankheitsfall sehr schnell mit der Krankenversicherung klären, ob und wie lange das ärztliche Attest ausreicht und anerkannt wird. Für einen etwaigen Prozess ist es zudem hilfreich, wenn der behandelnde Arzt hinreichend detaillierte Aufzeichnungen über die erhobenen Befunde macht. Damit kann ein später beauftragter Sachverstände auch rückwirkend eher beurteilen, ob tatsächlich Arbeitsunfähigkeit bestanden hat.

außerdem sollte mit dem Arzt das Problem der Teilarbeitsfähigkeit besprochen und ein exaktes Bild der konkreten Tätigkeit vermittelt werden. Dann ist der Arzt in der Lage, bei der der Diagnose und der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit die richtige Einordnung vorzunehmen.




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