Klageverzicht in Aufhebungsvertrag unwirksam

12.03.2015  • Allgemein / Arbeitsrecht / Mönchengladbach

Darf in einem Aufhebungsvertrag stehen, dass der Arbeitnehmer auf sein Klagerecht verzichtet? Nein, sagt das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Urteil vom 12.03.2013 (6 AZR 82/14 ) . In einem vom Arbeitgeber vorformulierten Standardtext hat so ein Klageverzicht nichts zu suchen. Ausnahme: es gibt auch einen Kündigungsgrund.

Hintergrund:

Der langjährig beschäftigte Arbeitnehmer hatte aus dem Lagerbestand des Arbeitgebers zwei Fertigsuppen gegessen. Wahrscheinlich hatte er Hunger. Der Arbeitgeber fand das nicht gut und warf dem Mitarbeiter Diebstahl vor. Er drohte mit fristloser Kündigung und Strafanzeige, wenn der Arbeitnehmer keinen Aufhebungsvertrag unterschrieb. Aus Angst vor der Strafanzeige unterschrieb der Arbeitnehmer. In dem vom Arbeitgeber vorgefertigten Text verzichtete er aber auf die Möglichkeit, den Vertrag zu widerrufen und Klage zu erheben. Später widerrief er seine Unterschrift, aber erst nach der Frist, die der maßgebliche Tarifvertrag vorsah und erhob Klage. Beim Arbeitsgericht verlor er den Prozess, die Berufung beim Landesarbeitsgericht hat er gewonnen.

Das Urteil des BAG:

Das BAG hat den Rechtsstreit zurückverwiesen. Das LAG muss jetzt prüfen, ob ein verständiger Arbeitgeber bei einem derartig geringen Schaden ernsthaft an eine Kündigung hätte denken dürfen. Immerhin war der Mann länger als zehn Jahre beschäftigt und es hatte offenbar nie Probleme gegeben. Dazu das BAG in der Presseerklärung vom 12.03.2015: „Wird ein solcher formularmäßiger Klageverzicht in einem Aufhebungsvertrag erklärt, der zur Vermeidung einer vom Arbeitgeber angedrohten außerordentlichen Kündigung geschlossen wird, benachteiligt dieser Verzicht den Arbeitnehmer unangemessen iSv. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, wenn ein verständiger Arbeitgeber die angedrohte Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte.“ Der Widerruf sei zwar verspätet gewesen, so das BAG: „Jedoch nimmt der im Aufhebungsvertrag vorgesehene Klageverzicht dem Kläger im Ergebnis die Möglichkeit, den Vertrag rechtlich durchsetzbar anzufechten. Das ist mit dem gesetzlichen Leitbild nur zu vereinbaren, wenn die Drohung mit der außerordentlichen Kündigung nicht widerrechtlich war. Im Ergebnis teilt damit die Klageverzichtsklausel das rechtliche Schicksal des Aufhebungsvertrags. Das Landesarbeitsgericht muss noch aufklären, ob eine widerrechtliche Drohung vorlag.“

Rechtspraxis:

Das BAG vereinheitlicht damit die Rechtsprechung. Schon bisher galt, dass Arbeitnehmer nach Drohung mit einer Kündigung zustande gekommenen Aufhebungsvertrag anfechten können, wenn es keinen ernsthaften Kündigungsgrund gab. Jetzt ist klar, dass auch eine Klageverzichtsklausel den Arbeitnehmer nicht von der Wahrnehmung seiner Rechte abhalten muss. Auch wer sich hat überrumpeln lassen und schon einen Aufhebungsvertrag unterschrieben hat, sollte zeitnah einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufsuchen und sich beraten lassen. Arbeitgebern kann guten Gewissens zur standardisierten Verwendung derartiger Klauseln nicht mehr geraten werden.




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