Keine kostenfreie Famillienversicherung für Besserverdienende

Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigt Bundessozialgericht (BSG): Kinder sind nicht beitragsfrei in der gesetzlichen Krankenkasse mitversichert, wenn das Elternteil mit dem höheren Einkommen privat versichert ist.

Mit Beschluss v. 14.6.2011 (1 BvR 429/11 hat das BverfG die Verfassungsbeschwerde einer in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Frau aus Niedersachsen nicht zur Entscheidung angenommen. Sie wollte ihre 4 Kinder über die Familienversicherung mitversichern lassen. Ihr Mann ist selbstständiger Rechtsanwalt und privat krankenversichert.

Benachteiligung verheirateter Paare kein Gleichheitsverstoߟ

§10 Abs. 2 SGB V bestimmt, dass Kinder von gesetzlich Krankenversicherten beitragsfrei mitversichert sind. § 10 Abs. 3 schlieߟt Kinder von der Familienversicherung aus, wenn der Ehe- oder Lebenspartner des gesetzliche versicherten Elternteils mehr verdient und nicht gesetzlich krankenversichert ist. Für eheähnliche Lebenspartner gilt diese Ausschlussregelung nicht. Die gesetzliche Regelung benachteiligt deshalb zwar besserverdienende verheiratete Paare gegenüber unverheirateten Paaren. Diese Ungleichbehandlung verstöߟt aber nach Auffassung des BverfG nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in Verbindung mit dem Grundrecht auf Ehe und Familie..

Ausgleich finanzieller Nachteile durch Steuererklärung

Als Ausgleich für den Ausschluss der Kinder aus der Familienversicherung reiche die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung von Krankenversicherungsbeiträgen der Kinder aus, so das BverfG., Eine „punktuelle gesetzliche Benachteiligung“ sei deshalb hinzunehmen..

Schutz der Krankenkasse vor ܜberforderung

Die Krankenkassen wären überfordert, wenn sie ständig bei unverheirateten Paaren prüfen müssten, ob eine eheähnliche Gemeinschaft besteht, meint das BVerfG. Der Gesetzgeber sei zu einer abstrakten Typisierung berechtigt, auch wenn diese im Einzelfall zu Ungerechtigkeiten führt.

Bewertung der Entscheidung

Restlos überzeugen kann diese Entscheidung nicht, erst recht nicht mit der doch sehr dürftigen Begründung der ܜberforderung der Krankenkassen. Das Rechtsinstitut der eheähnlichen Gemeinschaft ist im Sozialrecht anerkannt und sogar vom Gesetzgeber eingeführt, allerdings stets zum Nachteil der Versicherten. Im Sozialhilferecht und bei „€žHartz IV-Leistungen“€œ werden eheähnliche Gemeinschaften wie Ehepaare behandelt und sogar Stiefeltern faktisch zum Unterhalt gezwungen, obwohl sie eigentlich nicht unterhaltspflichtig sind. Dabei wird mittlerweile nach einem Jahr Zusammenleben vermutet, das eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt (§7 Abs. 3a SGB II). Warum diese Vermutungsregel im Krankenversicherungsrecht nicht gelten soll, ist nicht recht nachvollziehbar.




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