Fahrerlaubnis und Führerschein

22.08.2014  • Allgemein / Mönchengladbach / Verkehrsrecht

Kaum eine Sanktion hinterlässt einen größeren Eindruck auf Kraftfahrer als der Verlust des Privilegs, mit einem motorgetriebenen Fahrzeug am Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen. Umgangssprachlich wird als Ergebnis behördlicher oder gerichtlicher Vorgänge dann bestürzt festgestellt: Die „Pappe“ – die inzwischen aus Plastik ist – ist weg.

Die erste Frage beim Anwalt lautet dann auch: „Wann bekomme ich meinen Führerschein wieder?“ Nun stehen Anwälte nicht gerade in dem Ruf, kurz, eindeutig und verständlich zu antworten, jedenfalls nicht gleichzeitig. Das hat seinen Grund. Zunächst müssen – wofür es umgangssprachlich oft keine Notwendigkeit gibt – einige Begriffe erläutert und unterschieden werden. Zum Verkehr auf öffentlichen Straßen ist grundsätzlich jeder zugelassen. Fußgänger benötigen keine Erlaubnis, ebenso wenig Radfahrer. Auch das Führen von Mofas bedarf keiner behördlichen Erlaubnis, sondern lediglich einer Prüfbescheinigung über eine ausreichende Kenntnis der Verkehrsregeln und die Fähigkeit der Beherrschung von Gefahrensituationen.

Für bestimmte Verkehrsarten ist jedoch eine Erlaubnis der zuständigen Behörde vorgeschrieben. Eine Fahrerlaubnis erhält, wer 1. die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt (also „geeignet“ ist) und 2. eine Fahrerlaubnisprüfung über die zu erfüllenden Voraussetzungen für die jeweilige Fahrerlaubnisklasse erfolgreich abgelegt hat.

Die Fahrerlaubnis ist also eine behördliche Einzelfallregelung, ein Verwaltungsakt. Wer ein Kraftfahrzeug ohne eine erforderliche Fahrerlaubnis führt, begeht eine Straftat, § 21 StVG. Das Vorhandensein einer Fahrerlaubnis wird durch eine behördliche Urkunde bescheinigt, den Führerschein. Wer sein Ausweismäppchen oder sein Portemonnaie samt Führerschein verliert, darf dennoch von seiner erteilten Fahrerlaubnis Gebrauch machen und z.B. straflos einen PKW fahren. Nur kann die vorhandene Erlaubnis eben nicht in Form einer Urkunde nachgewiesen werden. Deswegen besteht die Pflicht, als Fahrer einen gültigen Führerschein mit sich zu führen und einen Verlust unverzüglich der Fahrerlaubnisbehörde mitzuteilen, damit diese ein Ersatzdokument ausstellen kann, damit die Polizei bei einer Kontrolle auch stets nachlesen kann, ob man zu Recht hinter dem Lenkrad Platz genommen hat.

Ich nehme an, das Konzept stammt aus einer Zeit, in der es weder Funk noch Datenbanken gab. Es gibt im Wesentlichen zwei Sanktionen, bei denen die „Pappe“ abgegeben werden muss: Das Fahrverbot und die Entziehung der Fahrerlaubnis. Das Fahrverbot ist eine Nebenstrafe, die von Behörden oder Gerichten unter bestimmten Umständen zusätzlich zu einer Geldbuße bzw. einer Geld- oder Freiheitsstrafe als „Denkzettel“ ausgesprochen werden kann. Das Fahrverbot ist das zeitlich beschränkte Verbot, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen, kann also auch fahrerlaubnisfreie Mofas betreffen.

Die Verbotsfrist beginnt übrigens nicht schon mit der wirksamen Verhängung des Fahrverbots, sondern erst mit Abgabe des Führerscheins in amtliche Verwahrung. Wer nach einem wirksam verhängten Fahrverbot den Führerschein nicht abgibt und trotzdem ein Fahrzeug führt, für das das Verbot gilt, begeht nicht nur eine Straftat ebenso wie jemand, der ohne entsprechende Fahrerlaubnis ein Kraftfahrzeug führt, § 21 StVG. Er verlängert auch faktisch die Dauer des Fahrverbots!

Einem Fahrverbot steht es gleich, wenn die Ermittlungsbehörden einen Führerschein sicherstellen oder beschlagnahmen. Deswegen kommt so mancher auf die Idee, den Führerschein entgegen der Verpflichtung zum Mitführen zu Hause zu lassen und ein Bußgeld von 10,00 Euro zu riskieren. In diesem Fall kann anlässlich einer Verkehrskontrolle auch nichts „auf Verdacht“ beschlagnahmt oder sichergestellt werden.

Nach Ablauf der Fahrverbotsfrist erhält der Verkehrsteilnehmer den Führerschein zurück und darf wieder am Straßenverkehr teilnehmen.

Für ausländische Führerscheine gelten besondere Regeln. Hat sich der Verkehrsteilnehmer jedoch als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen, zum Beispiel durch die Begehung von Straftaten im Zusammenhang mit dem Führen von Kraftfahrzeugen, entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis. Die Straßenverkehrsbehörde entzieht ebenfalls die Fahrerlaubnis, und zwar z.B. beim Erreichen von acht Punkten im Fahreignungsregister, bei Wegfall der Eignung z.B. durch Krankheit oder Konsum berauschender Substanzen oder wenn Zweifel an der Eignung nicht auf Verlangen der Behörde durch Vorlage eines positiven Fahreignungsgutachtens ausgeräumt werden.

Ist die Fahrerlaubnis vorläufig oder endgültig entzogen, wird in diesem Moment die behördliche Bescheinigung über die Existenz einer Fahrerlaubnis, also der Führerschein, unrichtig. Deswegen geht mit der Entziehung der Fahrerlaubnis immer auch die Beschlagnahme bzw. Einziehung des Führerscheins einher.

Nach Entziehung der Fahrerlaubnis verbleibt nur die früher einmal bestandene theoretische und praktische Prüfung. Auch ein Mofa darf noch gefahren werden, wenn eine Prüfbescheinigung vorliegt. Von Amts wegen ändert sich an diesem Zustand nichts, auch nicht durch Zeitablauf. Es bedarf eines Antrags an die zuständige Behörde. Nach Ablauf von mindestens drei Monaten, der Vorlage eines aktuellen Passbildes, einer Erste-Hilfe-Bescheinigung und eines Sehtests sowie der Zahlung einer Verwaltungsgebühr prüft die Behörde dann, ob eine neue Fahrerlaubnis erteilt wird.

Bei Wiedererteilung der Fahrerlaubnis stellt die Behörde nicht nur einen nagelneuen Führerschein aus, sondern auch das Fahreignungsregister weist nach einer Wiedererteilung null Punkte auf dem Punktekonto aus.

Kontrollfrage (Dem Sachverhalt liegt eine wahre Begebenheit zu Grunde. Namen, Orte und andere Merkmale wurden selbstverständlich verfremdet.): Mandant M versetzt sich im Rahmen einer spontanen Feierlichkeit mittels eines alkoholhaltigen Schaumweines in einen angeschickerten Zustand. Durch eine spätere, nicht zu beanstandende Messung kann der Zustand dahingehend konkretisiert werden, dass sich im Blutserum von M 1,2 Promille Ethanol, vulgo: Alkohol, tummeln. M nimmt sich hiernach sein Fahrrad und außerdem am Straßenverkehr teil. Nach wenigen hundert Metern kollidiert M mit einem am Straßenrand stehenden italienischen Kleinwagen, der einen wirtschaftlichen Totalschaden erleidet. Das sachlich, örtlich und instanziell zuständige Gericht erlässt auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl über 40 Tagessätze wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB). Ferner stellt das Gericht die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen fest und entzieht M die Fahrerlaubnis. Können sich gleich zwei VolljuristInnen geirrt haben? Was ist dem aufmerksamen Anwalt aufgefallen?

Antwort: Das Gericht kann die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB nur „wegen einer Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat“ entziehen. Ein Fahrrad ist ein Fahrzeug, aber kein Kraftfahrzeug. Das Gericht darf mangels gesetzlicher Grundlage die Fahrerlaubnis nicht entziehen!




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