BSG: Beitragsfrei familienkrankenversichert trotz Entlassungsabfindung

12.10.2007  • Sozialrecht

Grundsätzlich sind in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung Ehepartner und Kinder beitragsfrei mitversichert. Diese sogenannte Familienversicherung kostet keine eigenen Beiträge, obwohl sie rechtlich als eigenständige Versicherung des Familienmitglieds gilt. Das ist ein groߟer Vorteil gegenüber der privaten Krankenversicherung, denn dort muߟ für jedes einzelne Mitglied Beitrag bezahlt werden.

Allerdings gilt diese Beitragsbefreiung nur, wenn das Familienmitglied keine oder nur geringe monatliche Einkünfte hat. Die Grenze liegt bei einem Siebtel der monatlichen Bezugsgröߟe nach § 18 SGB IV, das sind derzeit 350 Euro.

Das Bundessozialgericht (BSG) hatte jetzt die Frage zu entscheiden, wie im Fall einer einmaligen Abfindungszahlung zu verfahren ist. Die Krankenkasse wollte den Abfindungsbetrag auf Monatsbeträge umrechnen. Das hätte eine ܜberschreitung der Einkommensgrenze bedeutet und damit die Familienversicherung unmöglich gemacht. Die betroffenen Ehefrau hätte sich dann freiwillig versichern und entsprechende Beiträge zahlen müssen.

Der 5b. Senat des BSG (Az.: B 5b/8 KN 1/06 KR R) hat das aber nicht mitgemacht und am 9. Oktober 2007 entschieden, dass eine Abfindung, die der Arbeitgeber bei vorzeitiger Entlassung in einer Summe zahlt, die Familienversicherung in den Folgemonaten nicht ausschlieߟt.

Die Klägerin, Ehefrau des Mitglieds der beklagten Krankenkasse, hatte ihr Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag beendet und 108.000 DM von ihrem früheren Arbeitgeber erhalten. Die beklagte Krankenkasse meint, die Familienversicherung der Klägerin habe erst weit nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses begonnen. Die Klägerin müsse sich nämlich jeden Monat einen Teil der Abfindung in Höhe des bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezogenen Gehalts denjenigen als Einkommen zurechnen lassen. Erst wenn die Abfindungssumme nach dieser Berechnung bis auf den – damals noch maߟgeblichen – Steuerfrei­betrag von 24.000 DM als aufgezehrt anzusehen sei, ende die Anrechnung von Einkommen und die Voraussetzungen der Familienversicherung seien erfüllt.

Das Bundessozialgericht hat aber im Ergebnis wie auch das Landessozialgericht festgestellt, dass die Familienversicherung der Klägerin bereits am 1. Januar 1999, also mit dem übernächsten Monat nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses begonnen hat. Nur für den Monat der Abfindungszahlung (Dezember 1998) wird die Einkommensgrenze – einmalig – überschritten, so dass für diesen Monat die Familienversicherung ausscheidet. § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V schlieߟt die Familienversicherung nämlich nur aus, wenn der Familienangehörige ein regelmäߟiges monatliches Einkommen über dem Grenzbetrag bezieht. Für die von der Beklagten vorgenommene Aufteilung der Abfindungssumme auf mehrere Monate gibt es keine gesetzliche Grundlage; dass die Spitzenverbände der Krankenversicherungen etwas Anderes vereinbart haben, spiele keine Rolle, so das BSG. Auf diese Vereinbarung könne sich die beklagte Krankenkasse nicht berufen, weil diese die gesetzliche Regelung nicht ersetzen kann.

Zwar gebe es Rechtsprechung, welche die Familienversicherung bei einer in Monatsraten gezahlten Abfindung ver­neint, doch liege der Fall anders, wenn wie die Abfindung nicht in monatlichen Raten, sondern in einer Summe gezahlt werde. Dann ist eben nur im Monat der Zahlung die Einkommensgrenze überschritten, nicht aber in den Folgemonaten.

Dieses Urteil gibt Anlass, die Einkommensgrenzen bei der Familienversicherung genauer im Blick zu behalten. Minijobs können allerdings selbst dann nicht zu einem Wegfall der Familienversicherung führen, wenn die Einkommensgrenze von 350 € monatlich überschritten wird.  Für diesen Fall gilt einheitlich die Einkommensgrenze von 400 € (§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V).

§ 10 Abs 1 SGB V – Familienversicherung – lautet:(1) Versichert sind der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern, wenn diese Familienangehörigen
1. ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben,
2. nicht nach § 5 Abs 1 Nr 1, 2, 3 bis 8, 11 oder 12 oder nicht freiwillig versichert sind,
3. nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit sind; dabei bleibt die Versi­cherungsfreiheit nach § 7 außer Betracht,
4. nicht hauptberuflicht selbständig erwerbstätig sind und
5. kein Gesamteinkommen haben, das regelmäߟig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches überschreitet; bei Renten wird der Zahlbetrag ohne den auf Ent­geltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Teil berücksichtigt; für geringfügig Beschäftigte nach § 8 Abs 1 Nr 1, § 8a des Vierten Buches beträgt das zulässige Gesamteinkommen 400 Euro.




Weitere Artikel des Autors:

Beiträge und Kommentare geben die persönliche Auffassung der jeweiligen Autoren wieder, welche nicht unbedingt der Auffassung der SWPMG entspricht. Sie dienen lediglich der Information und Diskussion, d.h. stellen keine Rechtsberatung dar und dürfen nicht als Entscheidungsgrundlage in konkreten Rechtsfällen verwendet werden.