Arbeitszeitkonten -€“ Keine Verrechnung mit Minusstunden

27.03.2012  • Arbeitsrecht / Mönchengladbach

Zeitguthaben dürfen nicht gekürzt werden , wenn es an einer wirksamen Vereinbarung fehlt.

Flexible Arbeitszeiten sind bei Arbeitgebern beliebt. Sie ermöglichen den Einsatz der Arbeitnehmer immer dann, wenn besonders viel Arbeit anfällt, auch über die reguläre Arbeitszeit hinaus. Bei wenig Arbeit haben die Arbeitnehmer frei und bauen dann ihre vorher angesammelten ܜberstunden ab. Auch für Arbeitnehmer ergeben sich Vorteile, wenn sie selbst ihre Arbeitszeit gestalten können. Was aber geschieht, wenn Minusstunden anfallen, z.B. weil die arbeitsvertragliche Regelarbeitszeit unterschritten wird?

Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber das Beschäftigungsrisiko. Es ist sein Problem, wenn er nicht genügend Arbeit für seine Arbeitnehmer hat. Diese behalten dennoch ihren Vergütungsanspruch, auch wenn sie nicht arbeiten können. Deshalb müssen normalerweise Minusstunden nicht nachgearbeitet werden. Der Arbeitgeber darf auch die Vergütung nicht kürzen, weil zu wenig gearbeitet wurde. Das gilt selbst dann, wenn zu anderen Zeiten Mehrarbeit geleistet wurde. Auch dann darf gegen den Willen des Arbeitnehmers keine Verrechnung mit Minusstunden erfolgen.

Das auf einem Arbeitszeitkonto ausgewiesene Zeitguthaben des Arbeitnehmers darf der Arbeitgeber nur dann mit Minusstunden verrechnen, wenn die Führung eines Arbeitszeitkontos vereinbart ist und diese Vereinbarung eine solche Verrechnungsmöglichkeit vorsieht. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 21.03.2012 entschieden. Im Fall der Briefzustellerin, die in letzter Instanz beim BAG geklagt hatte, erlaubten weder Tarifvertrag noch Betriebsvereinbarung, das Arbeitszeitkonto mit Minusstunden zu belasten, die sich aus der Nichtausschöpfung der tarifvertraglichen Wochenarbeitszeit in den Dienstplänen ergeben hatten (BAG, Urteil vom 21.03.2012, Az. 5 AZR 676/11 – Pressemitteilung).

Diese Anforderungen werden in der Praxis oft nicht beachtet. Vielfach werden ohne Rücksicht auf die konkreten Vereinbarungen Minusstunden verrechnet, oft sogar selbst dann, wenn es nicht einmal eine Vereinbarung über ein Arbeitszeitkonto gibt. Das muss kein Arbeitnehmer hinnehmen. Es empfiehlt sich eine zeitnahe Beratung. Grundsätzlich kann zwar noch bis zur Grenze der Verjährung von 3 Jahren auch rückwirkend eine Korrektur und Nachzahlung verlangt werden. Allerdings sind dabei sowohl etwaige Ausschlussfristen zu beachten als auch die Schwierigkeit, nach langer Zeit die fehlerhafte Verrechnung nachzuweisen. Auch wenn man in einem bestehenden Arbeitsverhältnis nichts unternehmen will, ist es deshalb hilfreich, zumindest seine Rechte zu kennen.




Weitere Artikel des Autors:

Beiträge und Kommentare geben die persönliche Auffassung der jeweiligen Autoren wieder, welche nicht unbedingt der Auffassung der SWPMG entspricht. Sie dienen lediglich der Information und Diskussion, d.h. stellen keine Rechtsberatung dar und dürfen nicht als Entscheidungsgrundlage in konkreten Rechtsfällen verwendet werden.