1-Euro-Job kein Arbeitsverhältnis

28.09.2007  • Arbeitsrecht / Sozialrecht

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat einer Entscheidung vom 26.09.2007 eine lange diskutierte Streitfrage entschieden: Die Tätigkeit im Rahmen eines sogenannten 1-Euro-Jobs ist kein Arbeitsverhältnis, sondern die Tätigkeit erfolgt im Rahmen des sozialrechtlichen Rechtsverhältnisses zum SGB II- Leistungsträger (ARGE für Beschäftigung). Dementsprechend gibt es auch keinen arbeitsrechtlichen Anspruch auf Arbeitsvergütung.

Die Presseerklärung des BAG dazu lautet:

 „Das Rechtsverhältnis zwischen einer erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der Leistungserbringerin auf der Basis von § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II (sog. Ein-Euro-Job) ist kein Arbeitsverhältnis, sondern öffentlich-rechtlicher Natur. Die Hilfebedürftige hat deshalb keinen Anspruch auf Arbeitsvergütung.
Die Klägerin war Arbeitssuchende und erhielt Entgeltleistungen nach dem SGB II. Mit Arbeitsstellenvorschlag der Arbeitsgemeinschaft eines Landkreises wurde sie der beklagten Verbandsgemeinde zur Unterstützung einer Raumpflegerin gemeldet. Die Klägerin schloss mit der Arbeitsgemeinschaft eine Eingliederungsvereinbarung. Die Tätigkeit war bis zum 31. Dezember 2005 befristet. Hierfür erhielt die Klägerin neben dem Arbeitslosengeld II eine zusätzliche Mehraufwandsentschädigung von 1,25 Euro pro Stunde.
Mit der Klage begehrt die Klägerin die Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten und dessen Fortbestand über den 31. Dezember 2005 hinaus sowie Zahlung von Arbeitsvergütung. Sie meint, die gesetzlichen Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 SGB II hätten nicht vorgelegen. Sie habe keine wettbewerbsneutralen und zusätzlichen Arbeiten im Sinne dieser Vorschrift geleistet. Vielmehr sei sie als reguläre Arbeitskraft beschäftigt worden. Das Arbeitsverhältnis sei durch konkludenten Vertragsabschluss zustande gekommen. Für eine Befristung gebe es keinen sachlichen Grund. Ihr stehe daher die übliche Bruttovergütung zu.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben, denn zwischen den Parteien hat kein Arbeitsverhältnis bestanden.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. September 2007 – 5 AZR 857/06 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. August 2006 – 2 Sa 401/06 –
Vgl. auch Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. September 2007 – 5 AZR 858/06 – “

Kommentar:Das Urteil sorgt einerseits für Klarheit in einer umstrittenen Rechtsfrage und ist insoweit im Sinne der Rechtssicherheit zu begrüߟen. Auf der anderen Seite erleichtert es den Miߟbrauch, 1-Euro-Jobber als billige Arbeitskräfte auszunutzen, indem diese nicht für zusätzliche Arbeiten eingesetzt, sondern zu notwendigen Arbeiten herangezogen werden, die sonst durch Fremdfirmen oder teure eigene Arbeitskräfte erledigt werden müssten. Diese miߟbräuchliche Praxis wird nach diesem Urteil auf dem arbeitsrechtlichen Weg nicht mehr sanktioniert werden können. Die Arbeitgeber brauchen danach nicht mehr zu befürchten, den übllichen Lohn zahlen zu müssen, wenn sie entgegen der gesetzlichen Regelung 1-Euro-Jobber nicht mit zusätzlichen Arbeiten beschäftigen. Insoweit hat das Bundesarbeitsgericht eine groߟe Chance vertan, derartigem Miߟbrauch einen Riegel vorzuschieben. Schade!

Ergänzung vom 10.10.2007: Der für Mitbestimmungsfragen zuständige 1. Senat des BAG hat entschieden, dass immerhin der Betriebsrat bei der Einstellung von 1-Euro-Jobbern mitbestimmen und deshalb gefragt werden muss.




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