Vereinbarkeit von Pflege und Beruf

19.12.2013  • Allgemein / Arbeitsrecht

Für immer mehr Menschen stellt sich die Frage, wie der Wunsch nach Pflege naher Angehöriger mit der eigenen beruflichen Tätigkeit verbunden werden kann. Arbeitgeber stellt diese Situation vor besondere Herausforderungen: Auf die Arbeitskraft guter Mitarbeiter kann und will man nicht verzichten, Kosten ohne Gegenleistung kann sich kaum ein Unternehmen leisten und einen Arbeitsplatz für längere Zeit frei zu halten, ist auch nur sehr schwer zu organisieren. Das Pflegezeitgesetz hat erste Regelungen für diese Konfliktsituation gefunden.

» Arbeitsrechtliche Situation

Wer nur kurzzeitig einen nahen Angehörigen pflegen muss, darf für bis zu zehn  Arbeitstage der Arbeit fernbleiben. Er muss dies aber dem Arbeitgeber vorher mitteilen und auf Verlangen eine ärztliche Bescheinigung vorlegen (§ 2 PflegeZG). Voraussetzung dafür ist, dass akut eine Pflegesituation eintritt.
Die Dauer von zehn Arbeitstagen ist eine Höchstfrist. Sie kann nur dann ausgeschöpft werden, wenn für die Dauer der zehn Tage die Pflege nicht anderweitig sichergestellt ist. Allerdings kann dieser Anspruch auf Arbeitsbefreiung auch mehrfach in Anspruch genommen werden. Voraussetzung ist allerdings stets, dass eine akute, nicht vorhersehbare Pflegebedürftigkeit auftritt.
Das Pflegezeitgesetz sieht keine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Fortzahlung der Vergütung vor. Der Anspruch kann sich aber nach anderen Vorschriften, z.B. aus § 616 BGB ergeben. Danach muss die Vergütung für bis zu fünf Tagen weiter gezahlt werden, wenn der Arbeitnehmer aus einem in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden verhindert ist.
In Unternehmen, die mindestens 15 Arbeitnehmer beschäftigen, besteht daneben noch der Anspruch auf eine Pflegezeit, wenn eine längere Pflegebedürftigkeit vorliegt (§ 3 PflegeZG). Diese Pflegezeit beträgt aber längstens sechs Monate (§ 4 PflegeZG).
Zehn Tage vor Beginn muss dem Arbeitgeber der Wunsch nach vollständiger oder teilweiser Freistellung von der Arbeit angekündigt werden. Bei einer teilweisen Freistellung, also der Reduzierung der Arbeitszeit, müssen auch der Umfang und die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angegeben werden. Die Ankündigung muss schriftlich erfolgen.
Der Arbeitgeber kann der teilweisen Freistellung nur mit dringenden betrieblichen Gründen widersprechen. Dringend sind betriebliche Gründe nur, wenn sie gewissermaßen ein zwingendes Hindernis für die Verkürzung der Arbeitszeit bedeuten.
Die Freistellung erfolgt unentgeltlich. Der Beschäftigte erhält also bei vollständiger Freistellung keine Arbeitsvergütung, bei teilweiser Freistellung nur eine reduzierte.
Sowohl während der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung als auch während der bis zu sechsmonatigen Pflegezeit darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen (§ 5 PflegeZG).

»  Die Familienpflegezeit

Seit dem 01.01.2012 sieht das Familienpflegezeitgesetz zusätzlich die Möglichkeit vor, für die Dauer von höchstens zwei Jahren die Arbeitszeit auf mindestens 15 Stunden zu reduzieren, um einen nahen Angehörigen zu pflegen.
Ähnlich wie bei der Alters­teilzeit stockt der Arbeitgeber das Teilzeitentgelt auf, und zwar um die Hälfte der Differenz zwischen dem bisherigen und dem verringerten Entgelt. Nach der „Pflegephase“ wird die Arbeitszeit wieder erhöht. Dennoch zahlt der Arbeitgeber nur das verringerte Entgelt, bis der Aufstockungsbetrag durch die danach erfolgte Mehrarbeit wieder ausgeglichen ist. Der Arbeitgeber kann in einem relativ komplizierten Verfahren für diese Mehrausgaben ein zinsloses Darlehen erhalten.
Der Arbeitgeber kann  keinen Ausgleich für während der Nachpflegephase noch nicht wieder erarbeitete Überschussbeträge aus der Pflegephase verlangen, wenn er selbst das Arbeitsverhältnis kündigt.
Die Familienpflegezeit ist freiwillig: Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, sich hierauf einzulassen.

»  Das Fazit

Die derzeit gültige Regelung ist ein erster Schritt zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. Wer als Arbeitgeber gut ausgebildete und eingearbeitete Mitarbeiter halten und ihnen eine gute „Work-Life-Balance“ ermöglichen will, wird die gesetzliche Regelung als ersten Schritt zu einem angemessenen Interessenausgleich ansehen.




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