Ohne Praxis-TV keine Zahlungspflicht von Leasingraten

10.03.2010  • Bankrecht / Vertragsrecht / Zivilrecht

Die Wartezeit in Arztpraxen ist oft für die Patienten ein Ärgernis. Obwohl kein Arzt daran interessiert ist, seine Patienten warten zu lassen, ist dies leider manchmal unvermeidlich. Um die Wartezeit aber zumindest so angenehm wie möglich zu machen, werden verschiedene Angebote unterbreitet. Eine noch immer recht neue Entwicklung ist das Angebot eines Praxis-TVs.

Kommerzielle Anbieter haben sich darauf spezialisiert in Arztpraxen ein meist werbefinanziertes Angebot zur Information der Wartenden anzubieten. Mit allgemeinen Berichten zu Gesundheitsthemen wird die Zeit ver- und Aufklärung betrieben. Da die Kosten für Arztpraxen ohnehin schon sehr groߟ sind, besteht allerdings das Problem, die hierfür nötige Ausstattung zu finanzieren. Dabei können Kosten bis zu einem fünfstelligen Bereich auflaufen. Um dem Arzt dies daher schmackhaft zu machen, wird angeboten, dass das nötige Equipment zu leasen. Die Leasingraten sollen sich über die Einnahmen aus diesem Praxis-TV praktisch selbst finanzieren. Der Programmbetreiber zahlt so dem Arzt einen gewissen Betrag, welchen dieser dann zur Finanzierung der meist groߟzügig dimensionierten Fernsehanlage nutzen kann. Geschäftsmodell ist dabei meist, dass der Programmanbieter direkt einen Leasingvertrag vorlegt, welcher die ܜberlassung der notwendigen Hardware beinhaltet und bei der die Leasingrate schon vorgegeben ist. Wirksamstes Werbemittel ist die „€žKostenneutralität“€œ dieses Gesamtkonstruktes.

Wie so oft wird auch bei diesen Verträgen das Kleingedruckte meist nicht richtig beachtet. Aufgrund unserer beruflichen Erfahrung konnten wir nämlich feststellen, dass in den Leasingverträgen zum einen festgehalten ist, dass die Leasingraten auch dann weiter zu zahlen sind, wenn der Programmanbieter keine Leistungen mehr erbringt und weiter, dass dieser Programmanbieter selbst seinen Vertrag mit 3-monatiger Kündigungsfrist beenden kann. In der Praxis bedeutet das, dass sich der Arzt jahrelang an den Leasingvertrag bindet, aber tatsächlich nicht die Gewähr hat, dass für diesen Zeitraum auch das Programm erbracht wird und vor allem die Werbezahlungen flieߟen. Fallen diese weg, ist das Leasingangebot natürlich alles andere als „€žkostenneutral“€œ. Dies belegen zahlreiche Fälle, in denen der Programmanbieter tatsächlich seine Leistungen eingestellt hat oder in die Insolvenz gegangen ist.

Für den Praxisinhaber ist dies in doppelter Hinsicht ärgerlich. Zunächst einmal kann er kein Programm mehr in seine Anlage einspeisen. Meist sind diese technisch so ausgestaltet, dass ein Empfang nicht mehr möglich ist und auch der Anschluss anderer Quellen, also Kabelfernsehen, Satellit oder terrestrischer Signale nicht möglich ist. Unabhängig hiervon muss er aber die Leasingraten weiter zahlen. Dies meist für eine Anlage, deren Preis im Leasingvertrag weit überhöht ist.

Stellt er darauf hin die Zahlungen ein, da er kein Programm mehr empfängt und kein Geld mehr erhält, wird er vom Leasinggeber aufgefordert, die Leasingraten weiter zu zahlen, da vertraglich ja vereinbart ist, dass dieser Leasingvertrag unabhängig von dem Programmvertrag weiterläuft. Auf die so bereits enttäuschten Ärzte wird daher von Seiten der Leasinggesellschaft und ihrer Anwälte massiver Druck ausgeübt.

Allerdings hat der BGH bereits am 08. Juli 2009, AZ: VIII ZR 327/08, entschieden, dass die Zahlungspflicht an den Leasinggeber entfällt, wenn kein Programm mehr angeboten wird. Zwar fällt ein Arzt als Selbständiger nicht unter die Verbraucherschutzvorschriften der sog. „€žverbundenen Geschäfte“€œ, doch steht ihm ein Leistungsverweigerungsrecht gegen die Ratenzahlungen unmittelbar aus dem eigenen Vertrag mit der Leasinggesellschaft zu. Die von der Leasinggesellschaft in den allg. Geschäftsbedingungen formulierte Zahlungspflicht unabhängig von der Erbringung des Programms ist nach den Umständen überraschend und verstöߟt gegen Treu und Glauben. In erfreulicher Klarheit macht der BGH deutlich, dass gerade die dem Praxisinhaber zugesicherte Kostenneutralität beim Abschluss des Gesamtgeschäfts entscheidend war. In der Tat ist es so, dass derart erhebliche Investitionen nur getätigt werden, weil man die Gewähr hat, dass über das Programm eine hinreichende Finanzierung besteht. Der Leasingvertrag sollte daher mit den Werbegeldern aus dem Programmvertrag stehen und fallen. Der Praxisinhaber hat jedenfalls, wenn diese Zahlungen nicht kommen, ein Leistungsverweigerungsrecht. Auf dieser Grundlage kann eine vorbehaltlose Zahlung der Leasingraten nach Kündigung des Programms durch den Anbieter jedenfalls nicht empfohlen werden.

Bei weiteren Fragen stehen wir Ihnen für eine Beratung oder gegebenenfalls auch Vertretung gerne zur Verfügung.




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