Ist Streaming eine Urheberrechtsverletzung?

13.12.2013  • Zivilrecht

Am vergangenen Wochenende wurden zahlreiche Bürger wegen „€žStreaming“€œ abgemahnt, weil sie vom Internetportal „€žRedtube“€œ angeblich illegal Videos angesehen hätten. Nach unserem Wissen wird hier erstmalig versucht, die schon seit vielen Jahren die Nutzer plagende Abmahnwelle auch auf diesen sehr populären Bereich der Nutzung von Internetvideos auszuweiten.

Die auf diesem Gebiet tätige Rechtsanwalts-GmbH Urmann & Collegen aus Regensburg vertritt dabei die Ansicht, dass auch das Streamen eines Filmes Urheberrechte verletzt und fordert entsprechend Zahlung. Neben dem Umstand, dass hier weder gesetzlich noch höchst richterlich etwas eindeutig geklärt ist, wird oft das Schamgefühl der vermeintlichen Nutzer ausgenutzt, da es sich oft um pornografische Inhalte handelt.

Aufgrund einer sachlichen Analyse lässt sich die These, dass es sich um Urheberrechtsverletzungen handelt, allerdings kaum halten. Grundsätzlich mag es schwierig sein, das doch auch schon etwas ältere Urheberrechtsgesetz auf derart moderne Sachverhalte anzuwenden. Wie immer erleichtert ein Blick ins Gesetz die Rechtsfindung: Nach § 16 UrhG bedarf die Vervielfältigung eines Werkes der Zustimmung. Dies gilt dann nicht, wenn gem. § 44a UrhG nur vorübergehende Vervielfältigungshandlungen vorgenommen werden, die flüchtig sind, rechtmäߟig erfolgen und keine wirtschaftliche Bedeutung haben.

Knackpunkt könnte hier die Frage sein, ob es sich um eine rechtmäߟige Nutzung handelt. Dabei ist allerdings zu beachten, dass unrechtmäߟig nicht schon das Ansehen eines Werkes ist. Unrechtmäߟig wird eine Nutzung lediglich dann, wenn sie gegen Gesetze verstöߟt. Der blanke Konsum eines Werkes stellt allerdings regelmäߟig keine gegen ein Gesetz verstoߟende Nutzung dar. Löst man sich einmal von den modernen Medien, ist einleuchtend, dass das Betrachten eines Bildes oder Anhören eines Liedes im Radio noch keine Urheberrechtsverletzung darstellen kann. Da es auch kein generelles Verbot gibt Videos oder Bilder anzusehen, gilt hier im Internet dasselbe. So ist auch beim Filesharing-Portal nicht der Download als Verkörperung zum Beispiel auf der Festplatte das groߟe urheberrechtliche Problem, sondern das gleichzeitige Zurverfügungstellen der Daten für eine unbestimmbar groߟe Maߟe anderer Nutzer. Dies begründete auch die zeitweise hohen Streitwerte. Gerade hier ist aber Streaming nicht vergleichbar.

Mittlerweile wurde uns auch eine Erklärung von Redtube weitergeleitet, in welcher ausdrücklich erklärt wird, dass die Nutzer des Kanals nichts zu befürchten hätten und nichts falsch gemacht hätten. Auch wenn dies sicherlich zunächst nur die Meinung des Anbieters ist und deswegen vielleicht etwas relativiert werden muss, ist doch bezeichnend, dass dieser ausdrücklich und eindeutig Partei ergreift und sich gegen die Urheberrechtsinhaber wendet.

Aktuell nicht geklärt ist auch, ob die Herausgabe der Nutzerdaten durch das zuständige Gericht rechtmäߟig erfolgte. Hier kann denjenigen, deren IP-Adresse veröffentlicht wurde, durchaus geraten werden gegen diesen Beschluss vorzugehen. Sicherlich sind die Hintergründe gegenwärtig noch unklar. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass das Gericht entsprechend der „€žtraditionellen“€œ Rechtsprechung zum Filesharing davon ausging, dass Streaming und Filesharing technisch das Gleiche darstellen, und deswegen entsprechend wie in hunderten oder gar tausenden Fällen vorher verfahren wurde, ohne die Besonderheiten dieser Technologie zu berücksichtigen.

Abschlieߟend sei auch noch ein Verweis auf traditionelle Datenträger erlaubt. So wie in den 80er und 90er Jahren das Kopieren von Fernsehfilmen oder Radiosendungen auf VHS-Kassette oder Musikkassette nicht grundsätzlich verboten war, und sich hier niemand ernsthaft Gedanken darüber machte, dass es sich um illegale Tätigkeiten handelt, kann heute auch das Streaming bewertet werden. Untersagt wäre dann lediglich, wie § 44a UrhG darlegt, eine wirtschaftliche Verwendung. Im rein privaten Gebrauch am heimischen PC, Laptop oder Tablet ist hiervon ebenso wenig auszugehen, wie beim Ansehen eines selbst aufgenommenen Videos oder einer Musikkassette über Walkman (Die Älteren mögen sich daran erinnern). Man sieht daher, dass Vergleiche mit traditionellen „€žDatenträgern“€œ durchaus noch Erkenntnisse für die heutige Zeit bringen.

Zum Schluss können wir allen Betroffenen daher gegenwärtig nur raten, sich entschieden gegen die Abmahnung zu wehren. Aktuell würden wir auch – anders als in Downloadfällen -nicht die Abgabe einer Unterlassungserklärung empfehlen wollen. Zumindest bis zu einer gesetzgeberischen oder gerichtlichen Entscheidung hängt dies aber selbstverständlich allerdings immer noch, wie schon angedeutet, vom Einzelfall ab.

Gerne stehen wir Ihnen zur Beratung und -€“ wenn Sie es wünschen -€“ zur Vertretung zur Verfügung.

i.a.K.: Urheberrechtsverstoߟ bei Streaming sehr fraglich




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