BGH-Urteil zur WLAN-Haftung

12.05.2010  • Zivilrecht

In einem lange erwarteten Urteil hat der BGH am 12.5.2010, I ZR 1211/08, über zahlreiche Punkte der Haftung für ein privates WLAN entschieden.

I. Sachverhalt

Die Beklagte unterhielt ein WLAN über welches von Dritter Seite ein urheberrechtliches geschütztes Werk der Klägerin widerrechtlich über eine sogenannte Tauschbörse heruntergeladen wurde. Nachdem die Klägerin dies über die zuständige Staatsanwaltschaft herausgefunden hatte, nahm sie die Beklagte, welche sich zum Tatzeitpunkt in Urlaub befand, auf Unterlassung, Schadensersatz und die Abmahnkosten in Anspruch. Diese hatte das WLAN nicht besonders geschützt und auch die werkseitigen Zugangsdaten und Passwörter nicht geändert.

II. Entscheidung

Nach Ansicht des BGH stand der Klägerin ein Unterlassungsanspruch zu, da das WLAN nicht ausreichend geschützt war. Insofern sei zu fordern, aber auch ausreichend, dass der private Betreiber die im Zeitpunkt der Einrichtung marktüblichen Sicherungsmittel einzusetzt. Dazu gehört es auch ein werkseitiges Passwort zu individualisieren. Eine ständige Anpassung an den neuesten Stand der Technik ist hingegen nicht gefordert. Da die Beklagte dies nicht erfüllt hatte, haftet sie als Folge auch auf die Abmahnkosten. Da der Rechtsverstoߟ vor Einführung der Kappungsgrenze von 100 € zzgl. USt. nach § 97a UrHG geschah, konnte nicht entschieden werden, ob diese Beschränkung einschlägig ist.

Weiter sei jedenfalls kein Schadensersatz geschuldet, da der Inhaber selbst nicht Täter der Rechtsverletzung ist und zum Rechtsbruch des Dritten jedenfalls nicht vorsätzlich beigeträgt. Hieraus lässt sich ableiten, dass der BGH nicht annimmt, dass man mit einem Missbrauch durch Dritte rechnen muss.

III. Fazit

Mit dieser Entscheidung hat der BGH sehr ausgewogen die Interessen der Beteiligten beachtet. Der Musikindustrie wurde grundsätzlich ein Interesse am Rechteschutz zugestanden. Deshalb hat der private WLAN-Betreiber gewisse Mindestsicherheitsstandards zu beachten. Andererseits können ihm nicht alle Folgen eines Rechtsverstoߟes Dritter angelastet werden. Im Ergebnis müsste er sonst Monate nachdem die Rechtsverletzung eingetreten war, selbst ermitteln, wer Zugriff genommen hat, was praktisch aussichtslos ist. Handelte er aber nachlässig, ist eine Abmahnung zulässig und mit entsprechenden Kosten verbunden, wobei noch abzuwarten ist, ob in Zukunft die Beschränkung nach § 97a UrHG greift, was für den Verbraucher sicherlich wünschenswert wäre. Muss der Betreiber aber eine Unterlassungserklärung für die Zukunft abgeben, steht er ab dann wegen des regelmäߟig notwendigen Vertragsstrafeversprechens stärker in der Haftung. Aufgrund eines solchen „Warnschusses“ sind ihm aber die – meist mit wenigen Handgriffen möglichen – Sicherungsmaߟnahmen zumutbar. Dies um so mehr als man einem Nutzer, der ein WLAN einrichten kann, wohl auch eine entsprechende Sicherung technisch zutrauen kann. Für den Rechteinhaber und die beteiligten Anwälte führt dies natürlich zu einer erheblichen Senkung der Attraktivität von Sammelabmahnungen, welche nun nicht mehr zur Generierung von hohen Schadensersatzansprüchen genutzt werden können, sondern allenfalls kostentragend sind.




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